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Gruenspan – Pflichtexemplar (2018) 
(Autor der Rezension: BGPONE)

Gruenspan, eine Jazzrockformation aus Lahnstein, hat es erneut getan: Die zweite CD ist veröffentlicht!

Wer auf Jazzrock der 70iger und 80iger steht, keine Berührungsängste mit Bepob hat, wer gut komponierten, gut gespielten und gut aufgenommenen Jazz hören möchte, für den ist die CD „Pflichtexemplar“ von Gruenspan ein Pflichtexemplar! Zudem empfehle ich dringend, diese Band live zu erleben.
Die Veröffentlichung des Debütalbums „Grooveberechtigung“ liegt bereits 5 Jahre zurück. Diese Zeit hat die Band für neue Kompostionen genutzt. Ich gebe zu, skeptisch gewesen zu sein, ob sie ihr Debütalbum toppen werden. Ob sie es geschafft haben? Ja!
Dieses Album ist eine Weiterentwicklung, kompositorisch und klanglich. Das Instrumentarium wurde um Trompete und Perkussion erweitert. Der Wechsel ins Hachenburger Supernova-Tonstudio von Jupp Ferger hat sich gelohnt, denn Jupp konnte den Aufnahmen noch mehr Räumlichkeit und Dynamik verleihen. Insgesamt ist der Klang sehr ausgewogen. Aber auch das Debütalbum ist klanglich sehr gut.




Weitere Infos zur Band und zur CD:
https://www.facebook.com/gruenspan.band


 

01 The Sausage Gambler (Auras)

Ein guter Beginn für eine CD, wohlklingendes E-Piano, dazu synchrone Clean-Gitarre, gefolgt von einer eingängigen  Saxophonmelodie, die von Bass konterkariert wird. Es folgt ein sehr klar aufgenommenes Gitarrensolo, begleitet von Hammond-Orgelklängen.

Ein sehr schönes und eingängiges Stück mit viel Melodie, das mich an Charlie Mariano erinnert.

 

02 Samba Cosecha (Hierse)

Ein Samba-Rhythmus, der, eingeleitet von Kontrabass, Klavier, Shaker und Percussions, sich den Weg ins Gehör bahnt. Die Drums halten sich dezent zurück, was dem Stück absolut angemessen ist. Hier stehen die Percussions im Vordergrund! Im Mittelteil erklingt ein Klaviersolo, das sich vom Samba zum klassisches Jazzsolo entwickelt. Es folgt ein Gitarrensolo mit leicht schräg klingenden Melodien und Akkorden.

Eine gelungene Fusion zwischen Samba und Jazz.

 

03 Flight Of The Goose (Hierse)

Dieses Stück beginnt mit schwebenden Klängen, die typisch für den verwendeten Indigo-Synthesizer sind. Es ähnelt ein wenig „Knees In Time“ des Debütalbums. Ein sehr schöner Synthesizerklang, gut ausgesucht! Dieser Sound bildet fast durchgängig die Bühne für Bass und Gitarre. Besonders die Bassbegleitung fällt mir positiv auf. Es gibt interessante Breaks mit gut gemachten Wechseln in Harmonie und Melodie.  Ab 4:00 beginnt ein Gitarrensolo mir recht rockiger Gitarre. Ab 5:15 gibt es einen Break, den ich besonders mag: Eine schöne Klaviermelodie setzt ein, das Basspattern vom Anfang des Songs rundet das gesamte Werk ab und führt es zurück zum Angang.

 

04 Dream and Reality (Marmann)

Ok, das ist kein Jazzrock, sondern einfach nur Jazz! Klingt sehr nach Blue Note, sehr traditionell, erinnert mich an Dexter Gordon. Besonders schön finde ich das Zusammenspiel zwischen Saxophon und Trompete.

Dann bei 1:25: Radikaler Wechsel. Sehr gut gelungen! Die Drums setzen ein, E-Piano, gefolgt vom groovigen Staccato-Saxophon, dann wechselt der Stil in den Bebop. Sehr vielschichtig. Es folgen Solos von Saxophon, Keyboard und Trompete. Hier zeigt jeder Solist, was er drauf hat. Was für ein großartiges Jazzstück!

Am Schluss kehrt das Stück wieder an den Anfang zurück. Runde Sache!

Auch der Klang gefällt mir sehr gut, weil er eine Räumlichkeit aufweist, die sich aktustisch wie ein Jazzclub anfühlt.

Meiner Meinung nach das jazzigste Stück der Band!

 

05 Pre-Migraine Euphoria (Auras)

Ein sehr erfrischender Anfang, höre ich hier Barbara Thompson? Tolle Staccato-Einlagen des Saxophons und gelungene rhythmischen Breaks. Es folgen Gitarrensolo, Keyboardsolo und Saxophonsolo. Klassischer Jazzaufbau!

Interessant ist der Schluss des Stückes mir brummelligem E-Piano und ausgehauchtem Saxophon.

 

Was das mit Kopfweh zu tun hat? Wahrscheinlich nichts. Natürlich kennen wir die Euphorie des Alkoholrausches, die dem Kopfweh vorausgeht. Aber gerade bei Instrumentalmusik sind Titel oft Schall und Rauch.

 

06 Bad Banks (Marmann)

Auch hier sehe ich keinen Zusammenhang zur bösen Bank. Sind Banker nicht viel geradliniger? Zappa sagte mal, dass ihm Texte egal seien. Er würde auch über Zahnseide und Küchenuntensilien singen. Wenn es nach ihm ginge, hätte seine Musik gar keine Texte, aber ohne Gesang würde man in Amerika kein Gehör finden. Warum ich das erwähne? Zum einen besteht diese CD aus Instrumentalmusik. Zum anderen erinnert mich dieses Stück sehr an Zappa, das Xylophon, der Rhythmus. Klingt ein wenig nach Kopfgeburt, aber auch das machte Zappa gerne. Besonders deutlich wird die Anspielung ab 2:30, wenn zum Xylophon der typische Synthlead-Sound hinzu kommt.

Auf jeden Fall ein Stück, das mehr für den Kopf als für den Bauch bestimmt ist.

 

07 Halebop (Marmann)

Der Kontrabass spielt eine Melodie, ein vielsprechender Anfang. Beckeneinsatz, E-Piano, dann ein sehr gut gelungenes Pattern aus Saxophon und Trompete. Ansprechend!
Es folgt ein brilliantes Bebop-Saxophon-Solo, gefolgt von einem tollen Trompetensolo und einem wie immer etwas schrägen Gitarrensolo. Wenig Rock und viel Jazz!

 

08 Seven Steps To PRISM (Auras)

Ein sehr tolles Piano-Intro! Dieses Stück ist mir beim CD-Vorstellungs-Konzert im JUKZ Lahnstein am 08.06.2018 bereits aufgefallen. Es enthält sehr schöne Klavierparts, so zum Beispiel der um 2:40 herum. Ich liebe Klavier! Auch sind harmonisch sehr gut gelungene Wechsel dabei, wie der bei 3:40.

Ungewöhnlich finde ich, das kein „richtiger“ Schluss vorhanden ist, sondern einfach ausgeblendet wird.

Meiner Meinung nach ein Highlight und ein schöner Schluss der CD.

Schlusswort: 

Ich bin gespannt, was die Band in Zukunft noch auf die Beine stellen wird. Eines aber steht für mich jetzt schon fest: Die Titel der beiden CD-Veröffentlichungen sind so gut, dass die Band damit probemlos qualitativ sehr hochwertige Konzerte bestreiten kann. Trotzdem steht der Spaß an der Musik im Vordergrund, denn die Band spielt ebenso vor (unverdientermaßen) sehr kleinen Publikum, wie auch oft umsonst (also ohne Eintritt). Wer also eine erstklassige Band mit erstklassigen Kompositionen ganz intim hören möchte, der sollte ihre Auftritte nicht versäumen!

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